Heute vor 5 Jahren, am 26. Juli 2006, wurde nach über 2000 shows die letzte Folge der legendären Chartshow „Top of the Pops“ aufgenommen. Die Sendung startete ursprünglich im Vereinten Königreich, auf BBC am 1. Januar 1964 und sollte eigentlich nur einige shows lange dauern, wurde aber aufgrund des großen Erfolges 42 Jahre lang ausgestrahlt, anfangs jeden Donnerstag Abend zur Prime Time, ab 1996 wurde es auf Freitag verschoben und 2005, als der Erfolg endgültig abschwächte, kam es Sonntag abend auf BBC2. Seine größten Erfolge feierte „TOTP“ in den 70ern mit über 15 Millionen Zuschauern pro Woche. In den Anfangszeiten erfolgte die Ausstrahlung gleichzeitig auf Radio1.
Wöchentlich wurden die jeweiligen Topstars eingeladen, bis vor zur Nummer 1. Die erste show wurde am 1. Jänner 1964 von Alan Freedman, einem bekannten Radio-DJ, gemeinsam mit Jimmy Savile präsentiert und von den Rolling Stones eröffnet, die Swinging Blue Jeans folgten mit ihrem „Hippy Hippy Shake“ und die Beatles beendeten die show mit ihrem Nr-1-Hit „I wanna hold your hand“. Die Aufnahme ist heute leider verloren, da die BBC in ihren Anfangszeiten alles Material, das über 10 Jahre alt war, vernichtete.
Konnten die Künstler mal nicht persönlich kommen, wurde das Lied eingespielt und von Dance Acts begleitet. Dies stellte sich in den 80er-Jahren ein, als die Musikvideos aufkamen. Danach tanzte nur noch das Publikum.
Die erste Krise erfuhr das Programm 1996, als ein anderer britischer TV-Sender die beliebte Soap Opera „Coronation Street“ zur selben Sendezeit ausstrahlte. Danach wurde TOTP mehrere Male umgestylt, hatte unterschiedlichste Moderatoren und auch bekannte Gastmoderatoren wie Anastacia, Kylie Minogue, Lulu und Pulp´s Frontman Jarvis Cocker. Bon Jovi wurden zu den Niagarafällen geschickt, Celine Dion performte in Miami Beach. Ab 2003 konzentrierte man sich stärker auf Neueinsteiger und machte auch kurze Interviews mit den Stars. Doch trotz allen Bemühungen kam die Sendung nicht mehr auf ihre früheren Einschaltquoten und im Juni 2006 wurde sie schließlich offiziell gecancellt. Die letzte show wurde wieder vom Original-host Savile geführt und erfolgte ohne live-Auftritte, nur mit Archivaufnahmen von den Rolling Stones, den Spice Girls, David Bowie, Madonna, Robbie Williams und Shakira´s damaligem Nr.-1-Hit „Hips don´t lie“. Der letzte richtige Live-Auftritt war also der von Snow Patrol, mit „Chasing Cars“. Ein würdiges Ende, wie ich finde.
Seit April 2011 werden im britischen TV auf diverse Nachfrage Wiederholungen ausgestrahlt, 2007 wurde ein Comic Special mit Oasis, U2 und Franz Ferdinand gemacht und das jährliche TOTP-Christmas-Special gibt es immer noch. In den 90er-Jahren wurde das Konzept von TOTP an fast 100 Länder weiterverkauft, darunter Deutschland, Italien und die Niederlande, derzeit läuft es aber nur noch in Italien.
Den Rekord für den längsten Auftritt halten Green Day, mit ihrem 9-Minuten-langen song „Jesus of Suburbia“. Der kürzeste Auftritt wurde „Do or Die“ von den Super Furry Animals, er dauerte nur 95 Sekunden. Die meisten Auftritte hatten Status Quo, 106 insgesamt zwischen 1968 und 2005.
Für die ursprüngliche show gab es einige Regeln: ein Lied kam nicht in die show, wenn es am absteigenden Ast war und eine Band konnte auch nicht 2 Wochen hintereinander auftreten, es sei denn sie waren Nummer 1. Da es keine Regeln ohne Ausnahme gibt, galt dies nicht für Gary Glitter und auch nicht für Katrina and the Waves. 1997 wurde diese Regel dann ganz abgeschafft.
Außerdem wurde die Sendung ursprünglich zwar live präsentiert, aber playback gesungen. 1966 wurde playback aus TOTP verbannt, es gab aber zur Unterstützung sogenannte „Backing tracks“ und das TOTP-Orchester unterstützte die Sänger. Dieses wurde schließlich abgeschafft, unter anderem, weil sie während Jimi Hendrix´ Auftritt begannen, einen falschen song zu spielen, worauf Hendrix meinte, diesen Text kenne er nicht. Ab 1980 konnten die Künstler dann wählen, ob sie live oder playback singen wollten und Iron Maiden waren die ersten, die das wahr nahmen und seit 1972 den ersten TOTP-Live-Auftritt hatten.
Einige Künstler waren sowieso unglücklich mit der Playback-Lösung, Michael Stipe fand es so schwierig, dass er seinen Mund mit einem Megaphon verdeckte. Einige Bands protestierten auch gegen die Playback-performances. Der Schlagzeuger der Stranglers setzte sich gleich verkehrtrum an seine drums und trommelte in die Luft, Nirvana´s Kurt Cobain spielte die Gitarre mit den Fingern zentimeterweit vom Instrument entfernt, während Novoselic seinen Bass durch die Luft warf und Dave Grohl auf seinem Hocker tanzte und Cobain sang dazu in tiefer Opernstimme. Rod Stewart begann während einem Lied Fussball zu spielen und während Travis´ „Sing“ begann eine Kuchenschlacht. The Cure wickelten ihre Instrumente gleich in Stoffe ein und Depeche Mode traten mit ihrem Videoregisseur Anton Corbijn am Schlagzeug auf. Und was wäre eine britische Popshow ohne einen Skandal von Oasis? 1994 wurde der Rhythmusgitarrist hinters Cello gesetzt und nachdem er keine Ahnung hatte, wie das zu spielen war, nützte er wenigstens den Stab zum Dirigieren, weils ja eh egal war. Noel und Liam tauschten ihre Rollen im Gesang und der Gitarre (natürlich nur gespielt, da ja playback) und 2003 kaute Liam während dem Lied überhaupt gleich Kaugummi – aus Protest, aus Coolness, oder weil er einfach so over the top war.
(C) 2011 by Sandra Andres
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen